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„Muzej Električeskogo Transporta Sankt-Peterburga“
(Museum des elektrischen Stadtverkehrs Sankt-Petersburg
= Sankt-Petersburger Tramwaj Museum)
Das gegenwärtige - Stand 1. Mai 2018 - Tramwaj-Netz Sankt-Petersburg weiter unten !
Das Sankt-Petersburger Tramwaj-Museum
Sankt-Petersburg, die Kulturhauptstadt Russlands, mit offiziell fünf Millionen (tatsächlich weit mehr) Einwohnern, die zweitgrößte Stadt der Russischen Föderation und nördlichste Millionenstadt der Welt, und die Stadt mit dem derzeit – noch – größten Straßenbahnbetrieb der Welt, besitzt auch ein sehenswertes Tramwaymuseum, offiziell „Museum des elektrischen Stadtverkehrs Sankt-Petersburg“ genannt, welches sowohl historische Tramway- als auch Trolleybus-Exponate beherbergt.
Wie überall in der Welt stand auch St. Petersburg - damals Leningrad - bis Anfang der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts das Streben nach einem modernen Betrieb im Vordergrund. Daher war das Bewahren von alten Tramwajwagen zweitrangig.
Erst Ende der 80er-Jahre konnte man einige Fahrzeuge hinterstellen und eine kleine Gruppe von Tramwaj-Enthusiasten begannen diese aufzuarbeiten.
Es gab zwar schon die Rekonstruktion (Replik) des ersten elektrischen Tramwajwagen Typ "Brush" No. 1028 aus dem Jahre 1907, weitere Fahrzeuge wurden zwar nicht verschrottet, aber doch nicht vorrangig aufgearbeitet.
Erst das bevorstehende 90-Jahr-Jubiläum der ersten elektrischen Tramwaj im Jahre 1997 brachte weitere Aktivitäten mit Hilfe der Tramwaj-Historiker. Es wurden eine ganze Reihe von historischen Wagen rekonstruiert, welche die Entwicklungsgeschichte der Sankt-Peterburger Tramwaj zeigten.
Nach der erfolgreichen Jubiläumsfeier im September 1997 wollte man die restaurierten Fahrzeuge nicht einfach abgestellt lassen und veranstaltete ab dieser Zeit Tramwaj-Sonderfahrten mit den aufgearbeiteten historischen Wagen, wie sie in Wien bereits seit 1966 erfolgreich durchgeführt wurden. Diese als „Retro-Linie 0“ bezeichneten Tramwaj-Sonderfahrten, erfreuen sich steigender Beliebtheit und es werden verschiedene Routen durch die Stadt angeboten und auch spezielle Fahrten für Touristen vom Hotel durch die Stadt.
Ein Teil der Ausstellungshalle des Sankt-Peterburger Tramwaj-Museums mit den Wagen Nummer 2424, 5148, 3691 und 4275 und die im Betriebsgebäude befindliche umfangreiche Ausstellung mit Fotos, Dokumenten und Modellen. (Fotos: Helmut Portele)
Der besonders große Erfolg des 100-Jahr-Jubiläums der elektrischen Tramwaj am 29. und 30. September 2007 beflügelte selbstverständlich die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Tramway-Museums, welche vom städtischen Unternehmen für den Tramwaj- und Trolleybus-Betrieb "Gorelekrotrans" großzügig unterstützt wurden.
Die denkmalgeschützten Hallen des "Tramwaj-Parks №.2" aus dem Jahre 1907 in dem sich das Museum für den elektrischen Stadtverkehr - Tramwaj und Trollejbus - befindet. Eine Übersichtstafel über die Entwicklung des Tramwajverkehrs in Sankt-Petersburg (Petrograd - Leningrad) am Vorkopf des Museums. (Fotos: Helmut Portele)
Das Museum, welches den elektrischen Stadtverkehr, also Tramwaj und Trollejbus, dokumentiert, beherbergt auch den historische Trollejbus ЯТБ-1 und weitere historische Trollejbusse (МТБ-82Д mit Anhänger und den Trolleybus ЗИУ-5).
In der Werkstätte des Museums sieht man die Rekonstruktionen aus einem Wagengerippe bis zum neu aufgebaute historischen Tramwajwagen und im Hintergrund den Trollejbus ЯТБ-1 (Bild links). Ein Teil der Mitarbeiter des Museums bei der Heimfahrt nach der Jubiläumsveranstaltung standesgemäß im Gelenktriebwagen Nr. 3472 der Linie 6, welche vom Museum in die Stadt führt (Bild rechts). (Fotos: Helmut Portele)
So hoffen alle Beteiligten auf eine erfolgreiche Zukunft des Museums im Tramwaj-Park №.2 und ihrer Tramwaj-Sonderfahrten mit der "Retro-Linie 0" auf einem hoffentlich nicht mehr schrumpfenden Tramwaj-Netz Sankt-Petersburgs.
100 Jahre elektrische „Tramwaj" in Sankt Peterburg
Sankt-Petersburg feierte am 29. und 30. September 2007 das 100-jährige Jubiläum der Inbetriebnahme der elektrischen „Tramwaj"..
Auf dieses Ereignis wurde bereits seit Monaten mittels Folien auf den Tramwajwagen, Citylight-Plakaten und mit Transparenten über den Straßen hingewiesen.
Überall in der Stadt wurde mittels Transparente über den Straßen auf das Jubiläum hingewiesen. Hier auf der Strecke zur Leutnant Schmidt-Brücke, welche in den letzten Jahren großzügig saniert und jetzt aufgelassen wurde. (Foto: Helmut Portele)
Auch auf Citylight-Plakaten wurde das 100 Jahr Jubiläum beworben. Hier auf dem berühmten Nevskij Prospekt neben dem „Roten Palais". (Foto: Helmut Portele)
Und selbstverständlich waren auch viele Straßenbahnwagen mit dem Ereignis dekoriert. Ein Zug der Linie 23 mit einem Wagen der Type LM-99 No.7204 vor dem Finnischen Bahnhof. (Foto: Helmut Portele)
Bereits ab dem Jahre 1863 gab es einen regelmäßigen Pferdetramwaybetrieb in Sankt Petersburg. Ab dem Jahre 1882, nach Tests im Jahre 1881 mit einer Dampftramwaylok der Firma Krauss & Comp auf der Lesnaja-Linie, nahm die Dampftramway auf der Nevskaja-Vorortestrecke ihren Betrieb auf.
Nach umfangreichen Umbauten der Strecken war es am 29. September 1907 endlich so weit und der elektrische Betrieb wurde feierlich eröffnet.
Der Tramwajverkehr im Jahre 1908 auf der Blagoveščenskij Uferstraße mit Blick auf die Blagoveščenskij Brücke und auf die Isaak Kathedrale. Heute findet man weit und breit kein Tramwajgleis mehr.
Eine Besonderheit in der St. Petersburger Tramway-Geschichte war die Eis-Tramway, welche bereits im Winter 1895/96 auf der zugefrorenen Neva verkehrte und von der „Finnischen Gesellschaft für Schifffahrt Ltd" betrieben wurde, um so ihre winterliche Zwangspause von mindestens fünf Monaten zu umgehen. Die Gleise und Masten wurden im Eis eingefroren und so umging man auch das Privileg der Pferdebahngesellschaft auf alleinigen Betrieb auf den Straßen Sankt Petersburgs. Die Bahn hatte die Spurweite von 1000 mm und verwendete umgebaute, von der Firma Podobedov elektrisch ausgerüstete Pferdebahnwagen. Betrieben wurden vier Linien von der südlichen Neva Seite zur Vasilevskij-Insel und zur Petrograder Seite.
Die Jubiläums-Fahrzeugparade auf dem Srednij Prospekt am 29.9.2007 bestand aus zwölf Zügen. Als erster Zug fuhr der 1028 der ersten elektrischen Triebwagentype „Brush" Baujahr 1907, welcher einen offenen Güterwagen mit einer Musikkapelle schob. Danach folgte der Motorwagen No.1877 Type MS-1 Baujahr 1927 und der Motorwagen No.2135 Type MS-4 Baujahr 1929. Alle Fernsehstationen berichteten über dieses Ereignis. Die Parade wurde fortgesetzt mit dem zweiachsigen Motorwagen Type MS-4 No.2424 mit Beiwagen Type MSP-3 No.2384 Baujahr 1930. Dahinter der erste vierachsige Zug mit Motorwagen Type LM-33 No.4275 und Beiwagen LP-33 No.4454 „Amerikanka", konstruiert und gebaut 1933 in Leningrad. Danach der vierachsige Motorwagen Type LM-48 No.3521 mit Beiwagen Type LP-48 No.3584 Baujahr 1948, Motorwagen Type LM-49 No.3691 + Beiwagen LP-49 No.3990 „Slon", Motorwagen LM-57 No.5148 „Stiljaga", Type LM-68 No.6249 „Akvarium", dann der achtachsige Gelenkwagen Type LVS-89 No.3076, der aktuelle vierachsige Großraumwagen Type LM-99AV No.0526 und den Abschluss bildete der neue sechsachsige Niederflurgelenkwagen Type LVS-2005 No.8334. (Foto: Helmut Portele)
Die Festlichkeiten „100 Jahre Sankt Peterburger Tramwaj" begannen am Samstag, den 29. September 2007 um 11 Uhr am Beginn des Srednij Prospekts, dem „Mittleren Prospekt", auf der Vasilevskij-Insel, mit einer Wagenparade, die die Entwicklung der elektrischen „Tramwaj" in Sankt-Peterburg von 1907 bis in die Gegenwart zeigte und zur historischen Remise №.2 „Leonov-Tramwaj-Park" am Srednij Prospekt 77 führte.
Dort fanden die offiziellen Feierlichkeiten mit der Enthüllung einer Rekonstruktion der ersten Motorwagentype „Brush" durch die Gouverneurin von Sankt Petersburg, Valtentina Matvienko einen weiteren Höhepunkt und endeten mit einer großen Feier, bei der verdiente Mitarbeiter der „Gorelektrotrans", der städtischen Betreibergesellschaft des Tramwaj- und Trollejbus-Netzes, geehrt wurden.
Der rekonstruierte erste Motorwagentyp „Brush" No.1031 Baujahr 1907 als Denkmal im Hof des Tramwaj-Museums, welcher durch die Sankt Petersburger Gouverneurin Valentina Matvienko der Bevölkerung übergeben wurde. (Foto: Helmut Portele)
Diese Straßenbahnremise, in Russland „Tramwaj Park" genannt, №.2 war die erste Remise des elektrischen Betriebs Sankt Petersburg. Sie wurde im Zuge der Rationalisierung am 15. Jänner 2007 als normaler Betriebsbahnhof aufgelassen und ist jetzt nur mehr der Standort des Sankt Petersburger Tramwaj-Museums, offiziell „Muzej Električeskogo Transporta Sankt-Peterburga" (Museum des elektrischen Transports in Sankt-Petersburg) genannt. Sie beherbergt nun die historischen Tramwaj- und Trollejbus-Fahrzeuge.
War der erste Tag der Festlichkeiten hauptsächlich der Belegschaft der „Gorelektrotrans" gewidmet, so wurden am Sonntag, 30. September 2007 alle St. Petersburger eingeladen, an einer allgemein zugänglichen Sonderfahrt der gesamten Tramwaj-Parade teilzunehmen.
Am 30. September 2007 war die große Parade durch die Stadt an der die Sankt Petersburger Bevölkerung teilnehmen konnte. Die Tramwajparade „Vom Brush zum Niederflurgelenkzug" am 30.9.2007 vor der Sonderfahrt durch die Stadt, bei der alle Petersburger zur Mitfahrt eingeladen waren, am Vorkopf des Museums im Tramwaj-Park №.2 am Srednij Prospekt 77. (Foto: Helmut Portele)
Die Tramwayparade bei der Haltestelle „Metro Gor’kovskaja". Der erste Wagen No.1028 war für die Betriebsleitung der „Gorelektrotrans" reserviert. (Foto: Helmut Portele)
Für diejenigen, welche Sankt Petersburg kennen: Der Festzug führte vom Museum im „Tramwaj-Park №.2" am Srednij Prospekt 77, durch die Stadt über die Metrostation „Gor’kovskaja", auf der derzeit stillgelegten Strecke über die Troickij-Brücke, vorbei am Marsfeld über die Sadovaja ulica (Straße), die Hauptgeschäftsstraße Nevskij Prospekt querend, neben dem Großkaufhaus „Gostinyj dvor" über den „Sannaja ploščad" (Platz) bis zum „Ploščad Turgeneva", wo die Endstation war, gewendet wurde und wieder auf der selben Strecke zurück ins Museum.
Blick aus dem Wagen No.1877 auf den führenden Triebwagen in der Sadovaja ulica. Bemerkenswert das nach außen zu öffnende Stirnwandfenster. Rechts ist das größte Kaufhaus Petersburg, das „Gostinyj dvor", 1761 bis 1785 am Nevskij Prospekt erbaut. Hier gibt es (fast) alles zu kaufen. (Foto: Helmut Portele)
Der im Jahre 1933 gebaute vierachsige Zug mit Motorwagen Type LM-33 No.4275 und Beiwagen LP-33 No.4454 „Amerikanka", konstruiert und gebaut in Leningrad und danach der vierachsige Motorwagen Type LM-48 No.3521 mit Beiwagen Type LP-48 No.3584 Baujahr 1948 „Slon", bereits nach Rückkunft von der Jubiläumsfahrt vor dem Tramwaj-Museum, dem Tramwaj-Park №.2. (Foto: Helmut Portele)
Der vierachsige Motorwagen Type LM-48 No.3521 mit Beiwagen Type LP-48 No.3584 Baujahr 1948 „Slon". Die ersten Züge haben bereits die rund um den Park führende Gleisschleife passiert und stehen in der Gegenrichtung zur Rückfahrt bereit. (Foto: Helmut Portele)
Bei der Endstation „Ploščad Turgeneva" folgt der Motorwagen Type LM-49 No.3691 mit dem Beiwagen LP-49 No.3990 „Slon". Der 1877 hat bereits die Schleife durchfahren und ist nun zur Rückfahrt bereit. (Foto: Helmut Portele)
Die Type LM-68, von der in Jahren 1968 bis 1975 insgesamt 400 Stück gebaut wurden, waren in dieser Version wegen seiner schrägen Dachfenster „Akvarium" genannt, mit seinen gepolsterten Sitzen einer der bequemsten und schönsten der modernen Leningrader Straßenbahnwagen. Leider sind alle vom Betrieb ausgeschieden. (Foto: Helmut Portele)
Gegenwart und Zukunft der Sankt-Peterburger Tramwaj
Obwohl die Sankt Petersburger Gouverneurin Valentina Matvienko 2007 bei ihrer Festansprache, zum 100-Jahr-Jubiläum der elektrischen Tramway in Sankt-Petersburg im Tramwaymuseum, die Wichtigkeit des Straßenbahnverkehrs und dessen Zukunftssicherheit betonte und die Festlichkeiten den Eindruck einer heilen „Tramwaj-Welt“ in St. Petersburg vermittelten, sieht die Realität leider anders aus.
Das Streckennetz mit der russischen Spurweite von 1524 mm (Normalspur 1435 mm), was auch den Übergang von Vollbahnfahrzeugen ermöglicht, betrug im Jahre 1986 noch 1022 km mit 2180 Wagen, derzeit nur mehr 594,8 km mit 1043 Wagen und es nimmt weiter ab.
Auf dem Netzplan sieht man das umfangreiche Streckennetz, wobei die eingestellten Strecken strichliert markiert sind. Nur in den Außenbezirken sind die auf eigenen Bahnkörper verlegten Straßenbahnstrecken unumstritten.
Die Entwicklung des Sankt Petersburger Tramwaj-Netz mit allen Eröffnungen und Still-Legungen. (Stand 2007)
Man versucht die Stadt autogerechter zu machen, da täglich zu den Stoßzeiten der Straßenverkehr zusammenbricht, weil jeder, der es sich leisten kann mit dem Auto fährt, obwohl er ein Vielfaches der Zeit gegenüber der Metro braucht. Man hat leider nicht aus den Fehlern der 50er- bis 70er-Jahre Westeuropas gelernt und das Auto ist das Status-Symbol für den „modernen" St. Petersburger.
So weicht die Vernunft in Gestalt eines gut funktionierenden Straßenbahn-Netzes immer mehr dem „Zeitgeist": Im April 1997 wurde der Betrieb auf der Admiraltejskaja, der ältesten Straßenbahnstrecke eingestellt.
Ein Stück Straßenbahngleis, im Gehsteig eingebaut, erinnert an die erste elektrifizierte Tramwaj-Strecke auf der Admiraltejskaja. (Foto: Helmut Portele)
Seither gibt es keine Gleise mehr über die Dvorcovyj- (Schloss-Brücke) und Birževoj-Brücke und damit keine Straßenbahn mehr zum Schlossplatz, zur Erimetage und zur Isaak-Kathedrale, einer der wichtigsten Sehenwürdigkeiten Sankt Petersburgs.
Auch die Trasse vom Suvorovskaja Ploščad (Platz) von der Troickij-Brücke zum Konjušennaja Ploščad bei der berühmten Christus Auferstehungskirche wurde ein Opfer der Straßeninstandsetzung und des Autoverkehrs.
Die wegen des Neubaus der Leutnant Schmidt-Brücke über die Neva unterbrochene Strecke von der Sadovaja ulica vorbei an der blauen St. Nikolaus Kathedrale über den Theater Platz mit dem Mariinskij- (Kirov) Opern- und Ballettheater und des Musikkonservatoriums über die Vasilevskij-Insel auf die beliebte Freizeitinsel Krestovskij, wurde, obwohl die ursprünglichen Pläne mit Straßenbahn waren, ohne Gleise am 20. August 2007 unter dem historischen Namen Blagoveščenskij-Brücke wiedereröffnet.
Bis zur neu gebauten Leutnant Schmidt-Brücke - jetzt wieder Blagoveščenskij-Brücke genannt - ist die Straßenbahnstrecke mit Haltestelleninseln und Fußgängerunterführungen modern ausgebaut und jetzt eingestellt worden. Die Brücke einen Tag vor der Eröffnung. Die großzügig ausgebaute Strecke zur neuen Blagoveščenskij-Brücke, welche nun im "Nichts" endet und endgültig eingestellt wurde. Die Haltestelle vor der Brücke am Ploščad Truda, ist mit eigenen Bahnsteigen mit unterirdischen Fußgängerzugängen ausgestattet. (Foto: Helmut Portele)
Die Strecken vor und nach der Brücke wurden vorher großzügig Instand gesetzt und werden nun entfernt. Ein „Experte" hat die Stadtverwaltung davon überzeugt, dass die Straßenbahn schuld am schlechten Zustand der alten Brücke war und nun zwei weitere Spuren dem Autoverkehr zur Verfügung stehen. Nun hat die Brücke acht Spuren zu je 3,5 Meter Breite nur für den Autoverkehr.
Die Strecken auf der Krestovskij-Insel hatten einen eigenen Bahnkörper und störten offensichtlich nur manche Autofahrer, welche nach Wegfall der Strecke hoffen weitere Parkplätze bei den teuren Ausflugslokalen und Sporteinrichtungen zu gewinnen.
Die eingestellte Strecke auf der Krestovsij-Insel, welche einmal mehreren Linien diente, ist nur mehr Autoparkplatz. (Foto: Helmut Portele)
Mit der Sanierung der Straßen in der Innenstadt wurden immer mehr Linien und Strecken eingestellt.
Im Oktober 2007 wurde der Lingovskij Prospekt von Grund auf neu gebaut und die Straßenbahn (vorher auf eigenem Bahnkörper zwischen zwei Baumreihen) wird nach dem Neubau knapp vor dem wichtigen Moskauer Bahnhof, aber zu weit um diesen zu Fuß zu erreichen, in Nebengassen abgelenkt.
Am Lingovskij Prospekt wurde die Tramwaj einige hundert Meter vor dem Moskauer Bahnhof in eine Seitengasse abgelenkt. Das helle Gebäude im Hintergrund ist der Bahnhof. Hier während des Umbaus der Strecke im Oktober 2007 und die Strecke nach ihrer Fertigstellung. (Foto: Helmut Portele)
Damit hat ein weiterer Sankt Petersburger Bahnhof, nach dem Baltischen Bahnhof, dessen Straßenbahnstrecke im Jahr 2006 eingestellt wurde, keinen Straßenbahnanschluss mehr.
Es ist zu hoffen, dass doch die Vernunft siegt und die noch liegenden, derzeit nur außer Betrieb genommenen Strecken, wieder in Betrieb genommen werden.
So gab es bis Oktober 2016 weder auf der Sadovaja ulica, noch auf dem auf der anderen Seite der Fontanka parallel verlaufenden Lintejnij Prospekt einen Straßenbahnverkehr, obwohl beide Straßen erst vor einigen Jahren komplett mit den Straßenbahngleisen erneuert wurden.
Auch auf dem Staro Petergofskij Prospekt auf der Strecke zum Narva-Triumpfbogen wurde bis März 2013 der Tramwaybetrieb eingestellt, obwohl die Strecke total saniert wurde.
Wichtig wäre es, der größten Konkurrenz, den privaten „Marschrutkis", Linientaxis, welche mit Kleinbussen, aber auch mit normalen, manchmal sogar Gelenkbussen, auf festgelegten Linien, meist parallel zur Straßenbahn, fahren, aber keine festen Haltestellen haben und bei denen man nach Bedarf ein- und aussteigen kann, entgegen zu treten. Die Stadtduma (Gemeinderat) sollte einmal die Vergabe der Lizenzen für diese kommerziellen Busse überdenken.
Die Straßenbahnhaltestelle auf dem Staro Petergofskij Prospekt wurde, nachdem der Linienverkehr eingestellt wurde, von den so genannten „Marschrutkis" verwendet. Auf der Verkehrstafel, die auf den Haltestellenbereich hinweist, ist die Linienbezeichnung der privaten „Routetaxis" K-169 angebracht. Im Bild sind gleich fünf Routetaxis zu sehen. (Foto: Helmut Portele)
Und man muss vernünftige Intervalle auf der Straßenbahn anbieten und nicht, wie in den letzten Jahren, mit dem Aufkommen der Konkurrenz und dem Rückgang der Fahrgastzahlen, die Intervalle manchmal bis zu 50 Minuten ausdehnen. Denn wenn man spätestens alle zehn Minuten ein „Marschrutki" zur Verfügung hat, wartet man sicher nicht auf die doch bequemere Straßenbahn.
Auch das bisherige Fehlen einer veröffentlichten gültigen Linienübersicht des Straßenbahnbetriebs bei allen Haltestellen erschwerte das Benützen der Tramway. Nun wurde die Kennzeichnung der Tramway-Haltestellen mit der Linienbezeichnung, Fahrtziel und Fahrplan neu geregelt, so wie es vorher bei den städtischen Autobuslinien geschehen ist. Diese neuen Haltestellentafeln wurden inzwischen im gesamten Netz eingeführt.
Vorher wurden die Haltestellen nur von Ortskundigen am Querdraht der Fahrleitung gefunden und kaum von Touristen. Außerdem muss man gute Augen haben, um die Linienbezeichnung und das Intervall zu erspähen.
Die am Fahrleitungsquerdraht angebrachten Haltestellentafeln zeigen die Haltestellenbezeichnung am oberen Rand (ul. Rašetova), neben dem roten T für Tramwaj, die dort haltenden Linien (9, 20, 21) und unterhalb der Linienbezeichnung das jeweilige Intervall (Linie 9: 20, Linie 20: 35 und Linie 21: 32 Minuten). (Foto: Helmut Portele)
Das hat sich inzwischen geändert und die Haltestellentafeln zeigen die Linie, die beiden Endstationen, die ersten und letzten Zügen, die Intervalle der Linie und die Linienführung mit den Haltestellen.
Die neuen Haltestellentafeln (zusätzlich zu den Oberleitungstaferln) für die Linie 16. Oben die Haltestellenbezeichnung (Vitebskij Vokzal = Witebsker Bahnhof), die beiden Endstationen, die Betriebszeit und die jeweiligen Intervalle bei regulärem Betrieb. Darunter noch die gesamte Linie mit den Haltestellen. (Foto: Helmut Portele)
Ein Großraumbus als "Marschrutki" Linie K-187 vor der Metrostation „Vasileostrovskaja“, welche als Fahrpreis 10 Rubel verlangen. Die Tramwaj kostet inzwischen 30 Rubel (Stand 2016). (Foto: Helmut Portele)
Ursprünglich waren die mit einem K für „Kommerziell" vor der Liniennummer bezeichneten „Marschrutki" wesentlich teurer als die Tramway.
Derzeit kostet die Einzelfahrt auf der Tramwaj bereits 30 Rubel, auf der Metro (U-Bahn) 35 Rubel (1 Euro = ca. 72 Rubel - Stand von September 2016).
Nun fahren viele dieser Privatbusse aber weit unter diesem Preis und so kann man bereits um 10 Rubel mit einem Privatbus, der auf derselben Strecke wie die Straßenbahn fährt, aber mit kurzen Intervallen, befördert werden.
Das derzeitige Sankt-Peterburger Tramwaj-Netz
Stand per 1. Mai 2018
So war das Ende der Tramway in der Innenstadt fast vorprogrammiert und wenn sich die Einstellung der Planer nicht geändert hätte, wäre Petersburgs Tramwaynetz bald vom größten zu einem der kleinsten Tramwaynetze der Welt geworden.
Rückkehr der Tramwaj ins Petersburger Zentrum
Auf der zu Beginn der 2000er Jahre komplett sanierten Straßenbahnstrecke in der Sadovaja ulica, die früher von mehreren Linien benützt wurde, unter anderen vom Finnischen Bahnhof über die Troickij-Brücke über die Neva, den Nevskij Prospekt querend weiter über den Heumarkt bis zum Repin Platz, wurde im Laufe der Jahre eine Linie nach der anderen eingestellt, bis die Sadovaja schließlich ganz tramwayfrei war.
Man hatte den Kampf gegen den undisziplinierten privaten Autoverkehr durch ständigen Rückzug verloren und so verkehrten in den letzten Jahren nur mehr Autobusse und Linientaxis.
Nun ist es ab 1. Oktober 2016 wieder soweit: die Tramwaj fährt wieder vom Finnischen Bahnhof über die Newa und die Sadovaja ulica bis zum Repin Platz als Linie 3A. Hier ein Foto vor der Einstellung der Linie 3 am 27. Juli 2006, den Nevskij Prospekt beim „Gostinyj dvor" kreuzend. (Foto: Helmut Portele)
Nun will die Stadtverwaltung die immer noch bestehenden Gleise und Fahrleitungen stufenweise wieder ihrer Bestimmung zuführen. Seit 1. März 2013 wird auf einem Teil der Sadavaja ulica vom Sennaja ploščad (Heumarkt - Metrostation) Richtung Westen bis zum Ploščad Repina (Repin-Platz) wieder die Tramwajlinie 3 in Betrieb genommen.
Zum Betrieb auf der 2,5 Kilometer langen Linie wurden neue sechsachsige Zweirichtungs-Gelenktriebwagen von zwei verschiedenen Herstellern beschafft, welche ein Intervall von 10 bis 15 Minuten bis 22:30 Uhr garantieren sollen.
Der Einsatz von neuen Zweirichtungswagen und der Einbau einer Parallelgleisverbindung war wegen der nicht vorhandenen Umkehrschleife am Sennaja ploščad notwendig.
Die Linie 3 mit dem neuen Zweirichtungs-Gelenktriebwagen (80% Niederflur) Type 84300M gebaut 2012 von der Waggonfabrik Minsk am Sennaja ploščad. Gut sichtbar die Parallelgleisverbindung zum Fahrtrichtungswechsel. (Fotos: Helmut Portele)
Der zweite Zweirichtungs-Niederflur-Gelenktriebwagen (70% Niederflur) Type 71-631-2 gebaut 2012 von der Waggonfabrik Ust-Katavskij. (Fotos: Helmut Portele)
Um einen weiteren Tramwajbetrieb in der Innenstadt zu ermöglichen wird an die Verlegung von Schwellen gedacht, welche die Autofahrer daran hindern sollen die Straßenbahngleise zu befahren und so den Betrieb zu behindern. Auch sollte in der Straßenbahnstraße mit Parkverboten der flüssige Verkehr gewährleistet werden. Die Stadtverwaltung hofft so die Autofahrer dazu zu bewegen auf die Tramwaj umzusteigen.
Aber auch eine zweite Strecke wurde nach sechs Jahren wieder in Betrieb genommen: Die Tramwaj ist auch wieder auf den Staro-Petergofskij-Prospekt bis zum Ploščad Staček zur Metro „Narvskaja“ zurückgekehrt. Hier verkehrt jetzt die Linie 16, welche vom Ploščad Repina nun bis „Narvskaja“ verlängert wurde. Somit kann man von dort direkt mit der Tramwaj bis in die Innenstadt in die Nähe des Moskauer Bahnhofs und weiter bis zur Karbjuratomyj zavod fahren.
Type LM-99AVN (71-134A) vor dem Narva-Triumpfbogen am Ploščad Staček (Metro „Narvskaja“). (Fotos: Helmut Portele)
Noch immer eine der meist eingesetzten Tramwajwagen in Petersburg: die ab dem Jahr 1986 für Leningrad in 473 Stück gebaute Type LWS-86 (71-86) in seinen verschiedenen Varianten. Hier Wagen Nr. 8151 als Linie 36 in der Haltestelle Avtovo und Nr. 3445 als Linie 1 in der Endstation "Ploščad Staček" bei der Metrostation "Narvskaja" beim Narva-Triumpfbogen. Heute wird die Strecke, welche von vielen Linien verwendet wurde - zuletzt Linien 41A (2006), 11, 29 (2005), 3, 11, 28 (2004), 1, 11 (2003), 11, 31 (2002) – ab 1. März 2013 von der Linie 16 befahren. (Fotos: Helmut Portele)
Doch die neue Direktion der „Gorelektrotrans, des städtischen elektrisch geführten Stadtverkehrs, also Tramway und Trolleybus, hat sich wieder der Servicefunktion der Tramway für die Bevölkerung erinnert und seither große Investitionen in die Beschaffung von neuen Niederflur- und Umbau-Zweirichtungsfahrzeugen getätigt.
Die alten Einrichtungswagen Type LM68M und die daraus umgebauten Zweirichtungswagen Type LM68M4. Hier beim Wenden auf der, wegen Brückenneubaues, geteileten Linie 6 als Linie 6A am Konverkskij prospekt. (Fotos: Helmut Portele)
Von den in 2074 Stück für die Leningrader Tramwaj in der „Leningrader Tramway-Mechanischen Werken“ von 1973 bis 1988 gebauten Wagen der Type LM68M sind heute nur weniger als 100 Stück im Einsatz. Dafür hat man aus diesen, verschiedene Umbauwagen mit modernem Wagenkasten und Antrieb, sowohl als Einrichtungs- als auch als Zweirichtungswagen in eigener Hauptwerkstätte, hergestellt. Es entanden in den letzten Jahren Umbauwagen der Type LM68M2, LM68M2-2 und LM68M2-Retro als Einrichtungswagen und die Typen LM68M3, LM68M4 und LM68M5 als Zweirichtungswagen mit modernem asynchron-frequenzgesteuerten Fahrantrieb.
Einrichtungs-Umbautriebwagen der Typen LM68M2, LM68M2-2 und LM68M-Retro. (Fotos: Helmut Portele)
Zweirichtungs-Umbautriebwagen Type LM68M3 und LM68M4. Der Innenraum der Umbau-Hochflurtriebwagen haben Niederflureinstiege mit Platz für Kinderwagen und Rollstühle. (Fotos: Helmut Portele)
Zweirichtungs-Umbautriebwagen der Type LM68M5 auf der geteilten Linie 6. (Fotos: Helmut Portele)
So wurden durch neue Wagenkasten der alten Type LM-68M moderne Zweirichtungs-Hochflurtriebwagen mit Niederflureinstieg in verschiedenen Ausführungen, als Umbau-Wagen LM-68M3, LM68M4 und LM68M5 bezeichnet. Diese waren notwendig, um durch Bauarbeiten geteilte Linien, getrennt, ohne Wendeschliefen weiterführen zu können.
Auch der Betrieb auf dem Staro Petergofskij Prospekt und einem Teil der alten Linie 3 auf der Sadovaja ulica wurde am 1. März 2013 wieder aufgenommen.
Und ganz aktuell wird der Betrieb ab 1. Oktober 2016 wieder auf der gesamten alten Linie 3 zwischen Ploščad Repina (Repin-Platz) über die Sadovaja ulica und über die Newa (Trockij-Brücke) bis zum Finnischen Bahnhof als Linie 3A geführt. Am europäischen „autofreien Tag“ hatte man diese Strecke probeweise wieder betrieben. Der Erfolg war so groß, dass man die Linie 3 ab 1.10.2016 wieder in ihrer gesamten Länge täglich führt.
Der vierachsige Großraumwagen Type LM-99AVN (71-134A) ist die letzte Adaption der Type LM-99. Der Einrichtungs-Nachfolgertyp ist der LM-2008 (71-153) (40% Niederflur) (Fotos: Helmut Portele)
Der erste Petersburger Niederflur-Gelenktriebwagen (43% Niederflur) Type LWS-2005 (71-152) von der hinteren Plattform aus gesehen. Er wurde, wie bisher fast alle Petersburger Tramwaywagen in der eigenen Hauptwerkstätte und Wagonfabrik konstruiert und gefertigt. Der 2005 gebaute Prototyp LWS-2005 Nummer 1101 ex 8334 in der Endstation Kupčina auf der Linie 25 und die Serienausführung der neuen Niederflur-Gelenkzüge Type LWS-2005. (Fotos: Helmut Portele)
Niederflur-Gelenktriebwagen (100% Niederflur) Type 71-801 gebaut 2014 von „Tram-Rus“ Lizenz Alstom. (Fotos: Helmut Portele)
Sechsachsiger Niederflur-Gelenktriebwagen (100% Niederflur) Type 71-931 gebaut 2015 von „PK Transportnij Sistemij – Tver“ (Fotos: Helmut Portele)
Doch wir sind optimistisch, da ja parallel an Schnellstraßenbahnlinien geplant wird und nun neue Tramwaj-Niederflurwagen und praktische Zweirichtungswagen gebaut werden und die Hoffnung besteht, dass der Autoverkehr nicht die Innenstadt zerstört.
Das lässt an eine Renaissance der Tramwaj in der Innenstadt von Sankt Petersburg hoffen.